Eberhard Rotter, stellvertretender Vorsitzender des Arbeitskreises Wirtschaft und Medien, Infrastruktur, Bau und Verkehr, Energie und Technologie der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag:
Busse und Bahnen gratis nutzen zu können, klingt zunächst einmal nach einer guten Idee. Gut ist auch, dass die Bundesregierung mit Blick auf den Klimaschutz mehr Geld für den ÖPNV ausgeben will. Durch kostenlose Busse und Bahnen würde die Zahl der Fahrgäste stark zunehmen. Die notwendigen Kapazitäten hierfür sind allerdings weder bei der Infrastruktur noch bei den Fahrzeugen und dem Fahrpersonal vorhanden.Die Fahrgeldeinnahmen der Verkehrsbetriebe belaufen sich auf 13 Milliarden Euro im Jahr. Ist der Bund dauerhaft in der Lage diesen Betrag, immerhin 160 Euro pro Kopf, der Bevölkerung aus Steuermitteln zu finanzieren oder gibt es dafür dann eine gesonderte Abgabe? Soll Gratis-ÖPNV nur für die Ballungsräume gelten oder auch im ländlichen Raum? Falls kostenloser Nahverkehr nicht deutschlandweit kommt, wo verlaufen dann die Schnittstellen oder Zahlgrenzen? In München gratis, im Umland jedoch nicht? Oder aber freie Fahrt im MVV-Gebiet, Zahlungspflicht darüber hinaus? Wie sollen die Verkehrsbetriebe der Großstädte die zusätzlichen Fahrgäste in der Hauptverkehrszeit bewältigen, wo sie doch jetzt schon an Kapazitätsgrenzen stoßen? Wie stark muss der Bus- und Bahnverkehr im ländlichen Raum ausgedehnt werden um „gleichwertige Lebensverhältnisse“ in Stadt und Land sicherzustellen? Wer im ÖPNV kein Angebot vorfindet, kann auch vom kostenlosen Nahverkehr nicht profitieren.
Qualität im ÖPNV muss Vorrang vor Kostenfreiheit haben. Es gilt mit massivem Einsatz von Bundesmitteln Bahnhöfe und Haltestellen zu modernisieren, Takte zu verdichten, neue Linien einzuführen, die Signaltechnik und Streckenführung zu verbessern sowie den Fahrzeugpark zu erweitern und auf schadstoffarme Verkehrsmittel umzurüsten. Die Kunden erwarten ein attraktives Fahrtangebot im ÖPNV, der sie zuverlässig, bequem und pünktlich an ihr Ziel bringt. Trotz hoher Zuschüsse der öffentlichen Hand kann hierbei auf Fahrgeldeinnahmen – ohne vollständigen Ausgleich! – nicht verzichtet werden. Gegen eine Verbilligung der Tickets ist nichts einzuwenden, aber eine geldwerte Leistung braucht nicht kostenfrei angeboten werden.